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Filmische Formen

Abspann

Authentisch, wirklich, wahr?
  1. 001 Von der Ansicht zum Kulturfilm
  2. 002 Die Geburt des Dokumentarfilms
  3. 003 Nichts als die Wahrheit
  4. 004 Auf der Suche nach Authentizität
  5. 005 Gestalterische Vielfalt
  6. 006 Grenzbereiche

Autorin

  • Sarina Lacaf

Filme

  • Besuch des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg in Stuttgart (D 1925, R: unbekannt)
  • Die Nibelungen (D 1924, R: Fritz Lang)
  • Drifters (GB 1929, R: John Grierson)
  • Nanuk, der Eskimo (Nanook of the North, USA 1922, R: Robert Flaherty)
  • Berlin – Sinfonie einer Großstadt (D 1927, R: Walter Ruttmann)
  • Der Mann mit der Kamera (UdSSR 1929, R: Dziga Vertov)
  • Arbeiter verlassen die Lumière-Werke (La Sortie des usines Lumière, F 1895, R: Louis Lumière)
  • Don’t Look Back (USA 1967, R: D.A. Pennebaker)
  • Vorwahlkampf (Primary, USA 1960, R: Robert Drew)
  • Chronik eines Sommers (Chronique d’un Été, F 1961, R: Edgar Morin und Jean Rouch)
  • Die Sammler und die Sammlerin (Les glaneurs et la glaneuse, FR 2000, R: Agnès Varda)
  • Unser täglich Brot (AT 2005, R: Nikolaus Geyrhalter)
  • Nomadland (USA 2020, R: Chloé Zhao)
  • Der Fall Randall Adams (The Thin Blue Line, USA 1988, R: Erol Morris)
  • Das fehlende Bild (L’image manquante, F 2013, R: Rithy Panh)
  • Kubrick, Nixon und der Mann im Mond (2003, R: William Karel)
  • This Ain’t California (D 2012, R: Marten Persiel)

Bildquellen

Soweit nicht anders angegeben:
Haus des Dokumentarfilms

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Authentisch, wirklich, wahr?
Erzählformen im Dokumentarfilm
03
Authentisch, wirklich, wahr?
03

Nichts als die Wahrheit

Dokumentarfilme sollen die Wirklichkeit zeigen. Schon die ersten dokumentarischen Aufnahmen machen jedoch deutlich, dass Filme nie einfach nur abbilden, was sich vor der Kamera ereignet.


Purer Zufall?

Die Brüder Lumière filmen Arbeiter:innen beim Verlassen ihrer Fabrik. Sie dokumentieren wie zufällig ein reales Geschehen – oder doch nicht so ganz?

La Sortie de l’usine Lumière à Lyon (Arbeiter verlassen die Lumière-Werke, F 1895, R: Louis Lumière)

Es existieren mehrere Versionen dieser kurzen Szene, die sich vom Ablauf her verräterisch ähneln: Hund und Fahrräder tauchen jedes Mal an etwa der gleichen Stelle auf, die Menschen laufen recht gleichmäßig in beide Richtungen. Die Brüder Lumière gaben den Arbeiter:innen also Anweisungen. Sie zeigen nicht die reine Wirklichkeit, sondern ein gestaltetes Bild von ihr.

Absprachen

Bei fast jedem Dokumentarfilm gibt es Absprachen zwischen Regisseur:in und Protagonist:innen. In unterschiedlich starkem Maße wird also immer in die Wirklichkeit eingegriffen.

Es geht tatsächlich darum, zugleich zu mogeln, damit man besser sieht, und den Zuschauer dennoch nicht zu betrügen.

André Bazin (1918-1958)

Allein schon die Anwesenheit der Kamera verändert die Situation: Für die angekündigten Dreharbeiten zu Arbeiter verlassen die Lumière-Werke legt die Belegschaft die beste Sonntagsgarderobe an. Der Wahrheitsanspruch des Dokumentarfilms ist also relativ.

Inszenierter Alltag

Robert Flahertys Nanook of the North aus dem Jahr 1922 wird oft als einer der ersten Dokumentarfilme bezeichnet. Der Film scheint den Alltag des Inuits Nanook und seiner Familie in der harschen Natur der kanadischen Arktis zu beschreiben.

Plakat Dokumentarfilm Nanook Of The North Quelle: Wikimedia / Robert J. Flannery / Pathe Pictures | Public Domain
Filmplakat, 1922

Dem Publikum bietet der Film sensationelle und in vielerlei Hinsicht auch authentische Einblicke in eine ihm unbekannte Kultur. Doch auch Flaherty arbeitet mit Inszenierungen und Arrangements, um das Leben der Inuit im Film darstellen zu können.

  • Nanook Of The North Robert Flaherty Filmstill 1 WirklichkeitQuelle: Filmstill
    Nanook kämpft hier nicht wirklich mit einer Robbe unter dem Eis. Die Situation wurde für die Kamera nachgestellt.
  • Nanook Of The North Robert Flaherty Filmstill 2 WirklichkeitQuelle: Filmstill
    Für Filmaufnahmen ist es im Inneren eines Iglus viel zu dunkel. Flaherty lässt ein spezielles Iglu bauen, das an einer Seite offen ist.
Filmstills aus Nanook of the North (USA 1922)

An einigen Stellen geht er dabei sehr weit und nimmt erhebliche Eingriffe in die Wirklichkeit vor.

  • Nanook Of The North Robert Flaherty FilmstillQuelle: Filmstill
    Flaherty will die Lebensweise der Inuit vor der Kolonialisierung zeigen. Nur für den Film jagt Nanook mit einer Harpune. In Wirklichkeit nutzen die Inuit längst Gewehre.
  • Nanook Of The North Robert Flaherty Filmstill 1 ReisefilmQuelle: Wikimedia / The Flaherty Organisation
    Felle trugen die Inuit zur Entstehungszeit nicht mehr. Sie kleideten sich europäisch. Flaherty präsentiert dem Publikum ein romantisiertes Bild des Lebens in der Arktis.
Filmstills aus Nanook of the North (USA 1922)

Besonders befremdlich: Nanook heißt in Wirklichkeit Allakariallak. Flaherty wählt ihn für seinen Film, weil er der beste Jäger der Region ist. Seinen Namen ändert er für das westliche Publikum ab. Auch Frauen und Kinder sind nicht Allakariallaks echte Familie. Sie wurden für den Film gecastet.

Ist Nanook ein Dokumentarfilm?

Was als dokumentarisch wahrgenommen wird, hat sich über die Zeit immer wieder verändert. Aus heutiger Sicht würde man Nanook of the North als Mischform zwischen Dokumentar- und Spielfilm einordnen. Als der Film entsteht wird zwischen fiktionalen und dokumentarischen Formen noch gar nicht unterschieden, Dokumentarfilme mussten weniger strengen Anforderungen an ihre Wahrhaftigkeit genügen als heute.

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