Die Geburt des Dokumentarfilms
In den 1920er-Jahren prägt der britische Filmemacher John Grierson den Begriff Dokumentarfilm und schlägt damit ein neues Kapitel in der Filmgeschichte auf.
Grierson gilt als Vater der britischen Dokumentarfilmbewegung. Mit der Gründung der Film-Abteilung des britischen Empire Marketing Boards Ende der 1920er Jahre erreicht er, dass die Produktion von Dokumentarfilmen institutionalisiert und staatlich finanziert wird.
John Grierson definiert den Dokumentarfilm als „kreativen Umgang mit der aktuellen Wirklichkeit“.
Die Filmschaffenden sollen nicht nur etwas Vorhandenes zeigen, sondern das „natürliche Material“ mit den Mitteln des Films neu ordnen, gestalten und aus ihrer Sicht interpretieren. Die Idee vom Dokumentarfilm als Kunstwerk ist geboren.
Auswählen & gestalten
Was damit gemeint ist, wird an Griersons eigenem Film Drifters (GB 1929) deutlich. Zentrales Gestaltungsmittel ist die Montage, also die Auswahl und Zusammenstellung getrennt voneinander aufgenommener Einstellungen beim Filmschnitt.
„Wir lieben die Stürme, die brausenden Wogen“: Nordseefischer bei der Arbeit in Drifters (GB 1929)
Drifters ist beeinflusst von den modernen Werken der Filmavantgarde. In Robert Flahertys Nanook of the North und Moana, Dziga Vertovs Der Mann mit der Kamera und Walter Ruttmanns Berlin – Die Sinfonie der Großstadt sieht Grierson seine Idee vom Dokumentarfilm verwirklicht.
Nanook of the North (USA 1922) Berlin – Sinfonie der Großstadt (D 1927) Der Mann mit der Kamera (UdSSR 1929)
Dokumentarische Formate
Längst nicht jede dokumentarische Aufnahme ist ein Dokumentarfilm. Gierson grenzt das künstlerische Genre von Wochenschaubeiträgen, Lehr- und Wissenschaftsfilmen ab. Er legt damit den Grundstein für eine Unterteilung dokumentarischer Formate, wie wir sie bis heute vornehmen.
Zahlreiche weitere Unterteilungen existieren.