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Wild, Wild West
  1. 001 Niemandsland?
  2. 002 Von der Manege auf die Leinwand
  3. 003 Maskerade

Autor

  • Jörn Hetebrügge

Filme

  • The Big Trail (Der große Treck, USA 1930, R: Raoul Walsh)
  • My Darling Clementine (Faustrecht der Prärie, USA 1946, R: John Ford)
  • Bend Of The River (Meuterei am Schlangenfluss, USA 1952, R: Anthony Mann)
  • River Of No Return (Fluss ohne Wiederkehr, USA 1954, R: Otto Preminger)
  • Duel In The Sun (Duell in der Sonne, USA 1946, R: King Vidor, William Dieterle)
  • Stagecoach (Ringo, USA 1939, R: John Ford)
  • The Naked Sporn (Nackte Gewalt, USA 1953, R: Anthony Mann)
  • Ride A Crooked Trail (Der weiße Teufel von Arkansas, USA 1958, R: Jesse Hibbs)
  • The Great Train Robbery (Der große Eisenbahnraub, USA 1903, R: Edwin S. Porter)
  • The Battle at Elderbush Gulch (Die Waisen der Ansiedlung, USA 1913, R: David Wark Griffith)
  • The Frozen North (Im hohen Norden, USA 1922, R: Edward F. Cline, Buster Keaton)
  • Sergeant Rutledge (Der schwarze Sergeant, USA 1960, R: John Ford)
  • Jesse James (Jesse James, Mann ohne Gesetz, USA 1939, R: Henry King)
  • The Outlaw (Geächtet, USA 1943, R: Howard Hughes)
  • Buffalo Dance (USA 1894, R: William K. L. Dickson)
  • Reel Injun – On the Trail of the Hollywood Indian (CA 2009, R: Neil Diamond, Catherine Bainbridge, Jeremiah Hayes)
  • The Birth of a Nation (Die Geburt einer Nation, USA 1915, R: David Wark Griffith)
  • Lone Ranger (The Lone Ranger, USA 2013, R: Gore Verbinski)
  • Apache (Massai, der große Apache, USA 1954, R: Robert Aldrich)
  • Broken Arrow (Der gebrochene Pfeil, USA 1950, R: Delmer Daves)
  • Little Big Man (USA 1970, R: Arthur Penn)
  • Dances with Wolves (Der mit dem Wolf tanzt, USA 1990, R: Kevin Costner)
  • The Godfather (Der Pate, USA 1972, R: Francis Ford Coppola)

Literatur

  • Bernd Kiefer, Norbert Grob (Hrsg.): Filmgenres. Western. Philipp Reclam jr. Stuttgart 2003.

Weblinks

  • Wild Westing – https://en.wikipedia.org/wiki/Wild_Westing
  • Women in Western – http://thegreatwesternmovies.com/2013/11/18/women-in-westerns/

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Wild, Wild West
Stereotype & Konventionen im Western-Genre
03
Wild, Wild West
03

Maskerade

Native Americans haben von Anfang an einen zentralen Platz im Western. Ihre Darstellung aus euroamerikanischer Perspektive ist jedoch durch rassistische Stereotype geprägt, die das Genre erst nach Jahrzehnten langsam aufbricht.


Bereits 1894 produziert die Edison Company Filmaufnahmen von Native Americans für das Kinetoscope, einen Vorläufer des Kinos. Laut Kinetoscope-Katalog zeigen die Bilder „echte Sioux Indianer in voller Kriegsbemalung und Kriegskleidung“ beim Tanzen.

Western Buffalo Dance 1894Quelle: Library of Congress
Buffalo Dance (USA 1894). Federschmuck und bemalte Gesichter als zugeschriebene Merkmale der Sioux prägen von Beginn an das Bild der Native Americans im Film.

Tatsächlich handelt es sich um kostümierte Darsteller:innen aus Buffalo Bill’s Wild West Show. Schon bevor das Westerngenre existiert, greift das neue Medium Film also das in Groschenromanen und Shows entworfene Klischee der „kriegerischen Sioux“ auf.

Komparserie

Als sich um 1910 die ersten Studios in Hollywood niederlassen, engagieren Filmfirmen indigene Akteur:innen aus „Wildwest“-Shows. Sie sollen Massenszenen in Western realistischer wirken lassen.

Western Indian Congress On Horseback 1901Quelle: Wikimedia | Public Domain
Reiter:innen bei einer „Wildwest“-Show auf der Weltausstellung in Buffalo, New York, 1901

In den folgenden Jahrzehnten stehen Native Americans fast ausschließlich als Kompars:innen vor der Kamera. Dabei scheint es egal, welcher Gruppe sie angehören – Kostüm und Rolle im Film entsprechen fast immer dem kriegerischen Zerrbild vermeintlicher Sioux .

Angriff

Ab den 1920er Jahren werben die Studios in den von der US-Regierung eingerichteten Reservaten Native Americans an. Da dort Armut herrscht, stellen Filmjobs eine willkommene Verdienstmöglichkeit dar.

Poster Stagecoach 1939 WesternQuelle: Wikimedia | Public Domain
Plakat Stagecoach (USA 1939)

Auch in John Fords Stagecoach von 1939, der als Westernklassiker schlechthin gilt. Gleichzeitig ist er typisch für die diskriminierende Darstellung von Native Americans im Genre.

Der Film folgt einer Reisegruppe, die mit einer Postkutsche durch ein Gebiet der Apachen fahren. In der Prärie wird die Kutsche durch berittenen Krieger angegriffen, gespielt von Native Americans.

Ford inszeniert die Angreifer:innen als fremdartig und grausam. Die historische Wahrheit des Völkermords an den Native Americans durch die Weißen kehrt der Film so quasi um.

Stagecoach ist für Natives einer der schädlichsten Filme der Geschichte. Die weiße Gesellschaft sitzt in einer Postkutsche und wird von allen Seiten von Natives, von ›den Wilden‹ Amerikas, belagert. Von denjenigen, die den Fortschritt aufhalten, den ›Rückständigen‹, den ›Bösartigen und Blutrünstigen‹. Stagecoach hat das Bild von Native Americans über Jahrzehnte geprägt.

Jesse Wente, Journalist, im Dokumentarfilm Reel Injun (CA 2009)
Western Stagecoach Angreifende Native AmericansQuelle: Filmstill
Native Americans werden meist als Gruppe gezeigt. Oft in Totalen, selten in Nahaufnahmen.
Filmstill Cavalerie Valey Stagecoach 1939 WesternQuelle: Filmstill
„Chaotische Horden“ vs. geordnete Kavallerie. Die Inszenierung konstruiert einen wertenden Gegensatz von „Wildheit“ und „Zivilisation“.
Filmstill Native Americans Stagecoach 1939 WesternQuelle: Filmstill
John Ford setzt in seinen Filmen oft dieselben Native Americans in Nebenrollen ein. Einige erlangen so Bekanntheitsgrad.
Western Stagecoach Nah Native American FederQuelle: Filmstill
Die wenigen Nahaufnahmen von Native Americans stilisieren sie zu fremden wortkargen Kriegern. 
Stagecoach (USA 1939)

Ausgrenzung

Komplexere Rollen für Native Americans sehen die Hollywood-Drehbücher lange Zeit nicht vor – wenn, dann sind sie mit kostümierten weißen Darsteller:innen besetzt. Diese rassistische Praxis des Redfacing ist zunächst vor allem ein Zugeständnis an konservative weiße Kinogänger:innen, die eine „Rassentrennung“ auch auf der Leinwand einfordern.

Redfacing

People of Color waren lange Zeit in Hollywood und in der europäischen Filmindustrie kaum präsent. Und nicht nur das: Die vorwiegend von Weißen für ein weißes Publikum produzierten Filme bedienten und prägten auch in erheblichem Maß rassistische Vorstellungen.

Besonders berüchtigt ist in diesem Zusammenhang das sogenannte Blackfacing. So wird die Praxis bezeichnet, weiße Schauspieler:innen mit dunkel geschminktem Gesicht Schwarze Personen spielen zu lassen. Häufig geschah (und geschieht) dies in herabwürdigender Absicht – ein bekanntes Beispiel dafür ist David Wark Griffith‘ Epos The Birth of a Nation (Die Geburt einer Nation, USA 1915). Aber auch Yellowfacing war für die Darstellung z.B. von Menschen aus China über viele Jahrzehnte gängig.

Aufgrund der Popularität des Western-Genres wurde wohl am häufigsten Redfacing praktiziert. Dass dies noch immer vergleichsweise wenig problematisiert wird, liegt vermutlich auch daran, dass Auftritte weißer Schauspieler:innen als Native Americans oft das „positiv“-rassistische Klischee des „edlen Wilden“ bedienen – die bundesdeutschen Karl-May-Filme mit dem weißen Pierre Brice in der Rolle des Apachen Winnetou sind bekannte Beispiele dafür. Dass Redfacing kein Phänomen vergangener Tage ist, beweist The Lone Ranger (Lone Ranger, USA 2013, R: Gore Verbinski), in dem Johnny Depp einen Native American spielt.

Western Redfacing Apache Filmposter
Apache (USA 1954)

Auch die progressiven Western der 1950ern- und 1960er setzen auf weiße Starpower in Hauptrollen, die Native Americans darstellen. Idole wie Rock Hudson zeigen viel Haut – die Darstellung dieser Filmfiguren in Western ist auch erotisch aufgeladen.

Oft sprechen die Hollywoodstars ein klischeehaftes Englisch, das durch einfache Satzkonstruktionen, Floskeln und übertrieben bildhafte Redewendungen geprägt ist.

Absurderweise erlebt das Redfacing seinen Höhepunkt, als Western die negative Darstellung der Native Americans zunehmend hinterfragen. In Filmen wie Broken Arrow (USA 1950) tauchen plötzlich vermeintliche Apachen auf, die auf das Publikum anziehend und sympathisch wirken – gespielt werden sie aber von beliebten weißen Hollywoodstars.

Filmstill Broken Arrow 1950 Cochise
Jeff Chandler, stark geschminkt, als Cochise in Broken Arrow (1950)

Gegenkultur

Die Gegenkultur der 1960er-Jahre räumt endgültig mit dem Mythos der heroischen „Eroberung des Westens“ auf. New-Hollywood-Western wie Arthur Penns Little Big Man (USA 1970) zeichnen die Lebensweise der Native Americans nun als idealisierten Gegenentwurf zum zerstörerischen American Way of Life und bieten ihnen erstmals tragende Rollen an.

Filmstill Little Big Man Western
Chief Dan George als Old Lodge Skins in Little Big Man (1970)

Erst 1990 unternimmt Kevin Costner mit Dances with Wolves (Der mit dem Wolf tanzt, USA 1990) den Versuch, Kultur und Sprache der Native Americans wirklichkeitsgetreu abzubilden. Doch auch sein Westernepos bleibt letztlich der weißen Perspektive verhaftet.

Filmstill Dancing With Wolves Western 02
Kevin Costner
Graham Greene
Kultur & Sprache

Dances with Wolves 

Zwar ist die Präsenz von Native Americans als Schauspieler:innen und die Sensibilität für die Vielfalt der Kulturen im Genre seither gewachsen. Trotzdem: Ein großer Western aus dem Blickwinkel der Native Americans steht immer noch aus.

Littlefeather vs. Hollywood

Die Aufmerksamkeit der Filmindustrie erlangt eine Gruppe Native Americans 1973 auf ganz andere Art. Bei der Oscar-Verleihung lehnt die 26-jährige Schauspielerin und Aktivistin Sacheen Littlefeather im Namen von Marlon Brando den Oscar als Bester Hauptdarsteller für seine Rolle in The Godfather (Der Pate, USA 1972) ab.

https://www.youtube.com/watch?v=2QUacU0I4yU
Auschnitt Oscar-Verleihung, 1973

Das Publikum reagiert mit Buhrufen und Applaus, als Littlefeather erklärt, Brando nehme die Auszeichnung nicht an, um gegen die Behandlung von Native Americans durch die amerikanische Filmindustrie zu protestieren.

Clint Eastwood, der kurz darauf den Preis für den besten Film präsentiert, kommentiert sarkastisch: „Ich weiß nicht, ob ich diesen Preis im Namen aller Cowboys überreichen soll, die im Laufe der Jahre in allen John-Ford-Western erschossen wurden.“

Erst 50 Jahre später, im Jahr 2022, entschuldigt sich die Academy of Motion Picture Arts and Sciences in einem Brief an Sacheen Littlefeather: „Die Beschimpfungen, die Sie wegen dieser Erklärung erlitten haben, waren unvertretbar und unberechtigt“, so der Präsidenten der Oscar-Akademie, David Rubin. „Dafür entschuldigen wir uns zutiefst und sprechen Ihnen zugleich unsere ehrliche Bewunderung [für Ihren Mut, A.d.R.] aus.“


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