Schwarzes Blut
Deutschland 1912. Ein Mörder geht um. Angst und Schrecken verbreitet er – zum Glück nur im Film. Schwarzes Blut heißt der Stummfilmschocker und er wird sofort verboten: „Betäubung, Diebstahl, Entführung, Körperverletzung, Freiheitsberaubung, Giftmischerei“ sind der Zensurbehörde zu viel.
Regisseur Harry Piel, 20 Jahre alt, muss seinen Film entschärfen und Szenen herausschneiden. Von drei Akten bleibt nur einer übrig. Schwarzes Blut ist Piels erster Film. Mehr als 100 werden folgen.
Alles auf Anfang
Zum Film kommt Heinrich „Harry“ Piel, 1892 in Düsseldorf geboren, durch Zufall. Seine Eltern sind Hoteliers, aber das ist nichts für den Abenteuerlustigen.
Eine Karriere bei der Marine scheitert wegen eines Herzfehlers. Piel macht eine kaufmännische Lehre, will dann lieber in Paris Kunstflieger werden und landet beim Film. Er jobbt im Atelier Gaumont, wo sein Vermieter ein vielgefragter Regisseur ist.
Es war eine Welt, die mich fesselte. Diese kurzen, stummen Filme, die in Mode waren, gefielen mir zwar nicht, aber ich lernte sehr viel vom Handwerk und von dem, was das Publikum verlangte.
Harry Piel, 1941
Zurück in Deutschland gründet er eine Produktionsfirma und macht sich in Berlin als Regisseur selbständig.
Nervenkitzel, Abenteuer, Bestien
Harry Piels erster Film, nachträglich freigegeben, kommt an. Die Leute wollen im Kino, so erinnert er sich später, „grausame Geschichten, Nervenkitzel, Sensationen und Abenteuer“.
Piel dreht einen Film nach dem anderen. Er nennt sie Der Triumph des Todes (1912), Schatten der Nacht (1913) oder Die braune Bestie (1914), in dem Piel erstmals wilde Tiere – hier einen Gorilla, dann auch Wildkatzen und Elefanten – vor die Kamera holt. Schauwerte sind ihm immer wichtiger als die Stories.
Ferne Länder, hohe Berge
Seine Abenteuer spielen oft in fernen Ländern, etwa in den USA. Anfangs noch im Studio, filmt er bald in ganz Europa. Als einer der ersten dreht Piel auf der Zugspitze: Das rollende Hotel (1918), eine Folge der Serie um Meisterdetektiv Joe Deebs.
Piels Spezialität sind atemlose Verfolgungen. So auch in Das Abenteuer eines Journalisten (D 1914), in dem der Titelheld und Reporter Harrison eine Bande jagt, die eine bahnbrechende Erfindung gestohlen hat.
Der Dynamit-Regisseur
Auch Explosionen aller Art werden zu Piels Markenzeichen. Er begleitet einen Sprengmeister und nimmt auf, wie Windmühlen, Brücken oder Häuser in die Luft gehen.
Zuvor und danach dreht er dort Teile seines Films. Wegen seiner Vorliebe für Sprengungen nennt man ihn bald Dynamit-Regisseur.
Flucht aus dem Alltag
Warum sind Piels Filme so erfolgreich? Arbeitslosigkeit und Inflation prägen die junge Weimarer Republik. Zugleich faszinieren die weite Welt und das moderne Großstadtleben voller Tempo und Technik, Maschinen und Motoren, Liebe, Leidenschaft und Laster. Harry Piel liefert die Filme dazu und erlaubt damit eine Flucht aus dem Alltag.