Schattenspiele
Schwarz & Weiß
Das Spiel von Hell und Dunkel, von Licht und Schatten ist grundlegend für einen Silhouetten-Trickfilm wie Die Abenteuer des Prinzen Achmed.

Vor hellem Hintergrund heben sich nicht nur die Protagonist:innen deutlich ab, sondern auch Farne und Palmen, Blüten und Ranken, Paläste und Türme. Indem mehrere Lagen Transparentpapier übereinandergelegt werden, entstehen Hintergründe mit Raumtiefe. Dieser Detailreichtum ist charakteristisch für Lotte Reinigers Scherenschnittkunst.
Rot wie die Liebe, Blau wie die Nacht
Die Abenteuer des Prinzen Achmed wurde in Schwarz-Weiß aufgenommen und dann viragiert – das heißt, die Filmbilder wurden in Farbbäder getaucht. Nur einige handschriftliche Hinweise auf einer alten Filmkopie geben Auskunft über die genaue Farbgestaltung.
Gelb und Ocker sind die Hauptfarben. Szenen in der Natur leuchten zuweilen in Grün. Für die Geisterschlacht in Wak-Wak wird Blau verwendet. Blau ist zudem alles – da folgt die Farbgebung dem damals gängigen Muster – was nachts oder im Dunkeln spielt. Und wenn Gefühle ins Spiel kommen, leuchtet es tiefrot.


Zwischen Gestern und Heute
Immer wieder tauchen in Die Abenteuer des Prinzen Achmed abstrakte Formenspiele, pulsierende Lichtreflexe und psychodelische Muster auf. Sie stehen für das Magische, Nicht-Greifbare – etwa für die Kraft der Wunderlampe oder geisterhafte Erscheinungen –, aber auch für Feuer, Rauch und Wolken.

Animiert hat sie der Experimentalfilmer Walter Ruttmann, der extra dafür ins Team kam. Ruttmann hat den absoluten Film mitbegründet – eine Filmbewegung, die sich bewusst vom Erzählkino abgrenzt. Ziel ist das „reine filmische Bild“. Formen, die sich verwandeln, geometrische Muster, die sich zu neuen zusammenfügen, stehen im Mittelpunkt. Die stark rhythmisierten Filme wirken wie bewegte Malereien.

Lotte Reiniger schlägt mit Die Abenteuer des Prinzen Achmed eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart: Ihr Film ist figürlich und in der jahrhundertealten Tradition des Schattenspiels und Geschichtenerzählens verwurzelt.
Indem sie abstrakte Elemente einbindet, auf Licht, Schatten und Bewegung setzt, bezieht sie sich zugleich auf Ideen der Avantgarde der 1920er-Jahren, die mit den Möglichkeiten des jungen Mediums Films experimentiert.