Die Leute kommen auf den Geschmack
Dezember 1895: Die erste öffentliche Filmvorführung der Gebrüder Lumière ist eine Weltsensation. In der Folge besucht auch Ludwig Stollwerck eine der Vorführungen und ist beeindruckt. Nach den gescheiterten Verhandlungen mit Edison will der Fabrikant den Cinématographe unbedingt nach Deutschland holen.
Er erwirbt die Generallizenz für den deutschen Markt, die an strenge Bedingungen geknüpft ist. Nur Operateure der Lumières dürfen die empfindlichen Geräte bedienen. Die Hersteller fürchten Schäden, aber auch Produktpiraterie.
Lizenznehmer:innen ist es untersagt ein „vergleichbares Konkurrenzprodukt“ zu entwickeln oder zu betreiben. Der Automatenkönig Stollwerck hält sich nicht daran und lässt den Briten Birt Arcres heimlich einen sehr ähnlichen Kinoprojektor bauen: das Kineopticon.
Im April 1896 findet in Köln Stollwercks erste Filmvorführung statt. Die zwölf Filme – jeweils nicht mehr als eine Minute lang – treffen auf ein begeistertes Publikum.
Alle halbe Stunde werden 150 Gäste zur nächsten Vorführung eingelassen. Nach sechs Wochen haben zahlreiche Menschen gesehen, wozu die neue Technik imstande ist. Ein riesiger Erfolg?
Film ist keine Schokolade
Stollwerck stellt fest: Noch ist das Kino kein Automat zum Gelddrucken. Nicht nur Filmrechte und Miete für die Projektoren haben ihren Preis. Stattliche 70 Prozent der Einnahmen gehen an die Lumières und ihre Anwälte. Das Lizenzgeschäft ist – ähnlich wie heute in Apples App-Store – vor allem für die Lizenzgeber ergiebig. Stollwerck hat das Geschäft falsch eingeschätzt. Es gibt noch keinen Markt. Und damit auch keine Regeln, nach denen sich vernünftig wirtschaften lässt.
Ob Stollwerck mit seinem Filmabenteuer Verlust gemacht hat, lässt sich heute nicht mehr feststellen. Aber er gibt das Geschäft auf und kehrt zurück zur Schokolade. Dem Kino bleibt er trotzdem verbunden und gründet 1906 eines der ersten Lichtspiel-Theater in Köln.
Die kurioseste Idee von Ludwig Stollwerck kommt aber drei Jahre zuvor auf den Markt. Gemeinsam mit einem anderen umtriebigen Erfinder seiner Zeit, Thomas Edison, hat er ein Gimmick konzipiert, das für ein paar Jahre ein Riesenerfolg sein wird: Schallplatten aus Schokolade.