1895: Das Kino wird geboren
Wer die erste Filmkamera erfunden hat, lässt sich nicht mit Gewissheit sagen. Fest steht: Ende des 19. Jahrhunderts tüfteln zahlreiche Ingenieur:innen an Geräten, mit denen sich lebende Bilder einfangen lassen – zum Beispiel Max und Emil Skladanowsky in Berlin oder Thomas Alva Edison und William Dickinson in den USA.
Der Cinématographe
Am bekanntesten aber wird die Erfindung der Franzosen Auguste und Louis Lumière: der Cinématographe. Das transportable Gerät kann Bewegtbilder aufnehmen, Filme umkopieren und – mit kleinen Umbauten – projizieren.
Die erste öffentliche Vorführung des Apparats findet am 28. Dezember 1895 im Grand Café in Paris statt. Sie gilt als Geburtsstunde des Kinos.
Die Brüder Lumière zeigen zehn selbstgedrehte Kurzfilme.
Eine Filmrolle, eine Kameraposition, eine Einstellung
Der berühmteste Film der Lumiéres – Die Einfahrt eines Zuges auf dem Bahnhof Ciotat (F 1896) – wird im Januar 1896 uraufgeführt und ist typisch für einen frühen Film: Die Kamera steht an einem Ort und bewegt sich nicht. Der Film dauert nicht mal eine Minute – die Länge einer im Cinématographe belichteten Filmrolle.
Auf die damaligen Zuschauer:innen wirkte die Szene vermutlich sehr dynamisch. Dass die Menschen angeblich vor dem auf sie zufahrenden Zug in Panik geraten sind, ist aber nur eine Legende.
Menschen, Tiere, Sensationen
Arbeiter verlassen die Lumière-Werke (F 1895), Die Schmiede (F 1895), Goldfische fangen (F 1895) – die meisten Filme der Lumières sind dokumentarisch.
Die Brüder Skladanowsky, die ihre Filme seit November 1895 im Berliner Varieté Wintergarten zeigen, setzen dagegen auf Jahrmarktsattraktionen: Komisches Reck (D 1895), Akrobatisches Potpourri (D 1895) und Das boxende Känguru (D 1895).
Ihre Erfindung, das Bioscop, ist schwerer und unhandlicher als der Cinématographe. Fehlende Greifermechanismen und Filmperforation erschweren einen perfekten Bildstand. Gegen den Apparat der Brüder Lumière hat das Bioscop auf Dauer keine Chance.
Mit ihren unterhaltsamen und lustigen Filmen nehmen die Skladanowsky-Brüder jedoch die nahe Zukunft des Kinos vorweg, das zunächst in Jahrmarktsbuden und Nickelodeons ein Zuhause findet.