Der erste Action-Film
Anfang des 20. Jahrhunderts entstehen die meisten Filme, wie die des Franzosen George Méliès, in selbst gebauten Kulissen. Die Einstellungen sind lang, meistens werden Totalen verwendet. In Nordamerika drehen die Filmemacher:innen bereits „on location“, also an Originalschauplätzen. Doch auch sie drehen überwiegend von einem festen Standpunkt aus.
Der große Eisenbahnraub
1903 bringt die Edison Company The Great Train Robbery (Der große Eisenbahnraub, USA 1903, R: Edwin S. Porter) in die Kinos. Der 12-minütige Spielfilm von Edwin S. Porter gilt als erster richtiger Western der Filmgeschichte.
Er bringt alles mit, was einen Action-Movie ausmacht: Verfolgungsjagden, Schießereien und Gewalt. Alle sind ständig in Bewegung: zu Fuß, auf einer Lok, zu Pferde.
Innovativ ist der Film vor allem im Einsatz des sich gerade erst entwickelnden Filmschnitts und erster Kamerabewegungen.

In 14 Szenen wird die Geschichte des Überfalls auf einen Eisenbahnzug erzählt. Lange Totalen geben dem Publikum stets eine Übersicht über das Geschehen.
Die einzige Nahaufnahme des Films – der Bandit, der ins Publikum schießt – hat für die Handlung keinerlei Bedeutung. Sie ist ein reiner Werbegag. Den Kinobesitzer:innen wird freigestellt, sie am Anfang oder am Ende der Vorführung zu zeigen.
Der große Eisenbahnraub ist der erste einflussreiche narrative Film, bei dem der Filmschnitt bewusst zur über das technisch Notwendige hinausgeht und dadurch zur Erzählung beiträgt.
Nicht nur im Schnitt kommen erstmals filmische Mittel zum Einsatz, die heute zum Standardrepertoire gehören. Viele Dinge, die aus heutiger Sicht unspektakulär erscheinen, sind damals neu und ungewohnt:
Der große Eisenbahnraub (1903) (Quelle: Edwin S. Porter/Wikimedia Commons)
Der große Eisenbahnraub ist ein großer kommerzieller Erfolg. In den aufstrebenden Nickelodeons gehört der Film jahrelang zum Standardrepertoire. Bei Herstellungskosten von nur 150 US-Dollar wird er zu einem der einträglichsten Filme der Edison Studios.
